Besondere Patienten – Igel

Igelrettung der außergewöhnlichen Art

 

Es war Spätsommer im Jahr 2000. Frau K., eine sehr nette, langjährige Klientin kam aufgeregt mit einem kleinen Körbchen in die Praxis. Ihre beiden Hunde Cheyenne und Sumo sind bei ihrem früh-morgendlichen Inspektionsgang des familieneigenen Geländes fündig geworden:

Zwei fremde Wesen in ihrem Revier, na so was. Jeder der beiden Hunde brachte seinem Frauchen eines dieser Wesen – völlig unversehrt – in seinem Fang an: Klein, rosarote Haut, die Augen noch geschlossen …
und obwohl die kleinen Körper von so etwas wie Stacheln bedeckt waren,
alles an diesen Wesen fühlte sich angenehm weich an.

Das war natürlich etwas für unsere zweibeinige Amme Melanie (Tochter des Chefs), die zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht ahnen konnte, dass aus den zwei Pfleglingen innerhalb von 24 Stunden bereits vier werden sollten,
denn die Geschehnisse im Hause K. sollten sich wiederholen.

Was folgte, war ein täglicher 24-Stunden-Einsatz der Amme:
Alle 2-3 Stunden -natürlich auch nachts- Milchersatz anrühren,
aufwärmen und in mühsam kleinen Mengen allen Vieren
mit dem Fläschchen füttern. Natürlich hinterher sauber machen
und die Wärmflaschen nicht vergessen…

Nach ca. drei Wochen war’s dann endlich geschafft.
Die vier Kleinen fingen endlich selbstständig an zu fressen, während
die Amme reif für einen Erholungsurlaub war.

Nun war die Jahreszeit aber schon so weit fortgeschritten, dass an ein Auswildern nicht mehr zu denken war. Also blieben die Vier über Winter.

Falsch: Es waren nicht mehr vier, sondern plötzlich fünf.
Im November schloss sich ein weiterer, fürs Überwintern im Freien
noch viel zu kleiner Artgenosse der Viererbande an.

 

Mühsam wurde es dann noch einmal im Frühjahr.

Keiner der Fünf hatte sich ja jemals im Leben um seine Verpflegung
selbst kümmern müssen.

Also erst mal ab ins Freigehege und dann erste Kontaktaufnahme
mit Würmern, Käfern und sonstigem Kriechgetier.
Bäh, das Fressen à la carte war doch besser…

Aber wenn der Hunger größer ist als der Widerwille und wenn es
kein ausreichendes anderes Angebot gibt… dann wird eben angewidert gesabbert, aber dennoch Beute gemacht.

Einige Wochen noch, dann waren der angeborene Freiheitsdrang – und der Hormonspiegel – doch stärker.

Ab in die Natur…